Smart City Halle (Saale): Wie Digitalisierung die Standortattraktivität und Verwaltungseffizienz steigert
Die Digitalisierung spielt heute eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Standortattraktivität und der Effizienz von Verwaltungsprozessen. Städte und Kommunen stehen zunehmend vor der Herausforderung, nicht nur bestehende Abläufe zu optimieren, sondern auch die Lebensqualität ihrer Bürgerinnen und Bürger durch smarte Technologien zu erhöhen.
Im Rahmen der Gesprächsreihe „mensch.digital“ sprach Moderator Martin Schmiedel mit Albert Steinbach, Handlungsfeldkoordinator Smart City bei der Stadt Halle (Saale). Steinbach verantwortet dort unter anderem die Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungen, um Halle attraktiver für Unternehmen zu machen und gleichzeitig die Effizienz innerhalb der Verwaltung zu steigern.
Das Smart-City-Projekt der Stadt Halle
Die Stadt Halle (Saale) gehört zu den 33 ausgewählten deutschen Modellkommunen im Förderprogramm „Smart Cities“ des Bundes. Ziel dieses Programms ist es, nachhaltige digitale Lösungen für urbane Herausforderungen zu entwickeln und zu erproben. Seit 2022 konzentriert sich das eigens hierfür gegründete Projektbüro in Halle darauf, smarte Technologien und Strategien umzusetzen, um eine langfristige, nachhaltige Entwicklung der Stadt zu sichern. Hierbei liegt der Schwerpunkt nicht nur auf technischen Innovationen, sondern auch auf der Verstetigung der Lösungen nach Ende der Förderlaufzeit, sodass die Stadtverwaltung dauerhaft von den entwickelten digitalen Werkzeugen profitieren kann.
Themenschwerpunkte im Überblick
Um die Digitalisierung in Halle (Saale) erfolgreich und nachhaltig zu gestalten, konzentriert sich das Projektbüro Smart City auf vier zentrale Themenschwerpunkte. Diese Bereiche wurden speziell ausgewählt, um die Standortattraktivität der Stadt zu erhöhen und die Verwaltungsprozesse langfristig effizienter zu machen.
Digitaler Zwilling (zentrales Projekt)
Kern des Smart-City-Projekts in Halle ist die Entwicklung eines digitalen Zwillings, eines detaillierten virtuellen Abbilds der Stadt. Dieser digitale Zwilling ermöglicht nicht nur eine präzise Analyse und Planung, sondern dient auch zur Visualisierung von Gewerbeflächen und zur Optimierung städtischer Prozesse.
Digitale Kompetenzen und Bildung (Quartier Halle-Neustadt)
Im Quartier Halle-Neustadt liegt der Fokus auf dem Ausbau digitaler Kompetenzen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und gleichzeitig die Bildungsqualität zu steigern. Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger mit digitalen Werkzeugen vertraut zu machen und dadurch die Zukunftsfähigkeit des Stadtviertels nachhaltig zu sichern.
Intelligente Mobilität (Sensorik in Bussen und Bahnen)
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Mobilität. Durch den Einsatz moderner Sensorik soll die Auslastung von Bussen und Straßenbahnen in Echtzeit gemessen werden. Ziel ist es, den öffentlichen Nahverkehr gezielt zu optimieren und nachhaltig attraktiv zu gestalten.
Vernetzte Verwaltung (Urbane Datenplattform)
Die Verwaltung der Stadt Halle (Saale) wird durch eine urbane Datenplattform stärker vernetzt und effizienter gestaltet. Diese Plattform soll nicht nur die internen Prozesse optimieren, sondern auch den Datenaustausch innerhalb der Verwaltung verbessern. Dadurch wird eine moderne, zukunftsfähige Verwaltung geschaffen.
Praxisbeispiel: Digitaler Zwilling
Als zentrales Projekt der Smart-City-Initiative dient der digitale Zwilling als anschauliches Beispiel dafür, wie Digitalisierung konkret genutzt werden kann, um städtische Planung und Entwicklung nachhaltig zu verbessern.
Motivation und Bedarfsermittlung durch Mitarbeiterbeteiligung
Die Entwicklung des digitalen Zwillings basiert maßgeblich auf den Ergebnissen aus intensiven Workshops und Befragungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung. Durch diese Einbindung konnten konkrete Bedarfe identifiziert und Prioritäten festgelegt werden. Dies stellt sicher, dass das Projekt optimal auf die tatsächlichen Anforderungen der Verwaltung ausgerichtet ist.
Konkrete Anwendungsfälle des digitalen Zwillings
Im Rahmen des digitalen Zwillings wurden mehrere spezifische Tools entwickelt, die konkrete Herausforderungen der Stadtplanung adressieren und die Verwaltung bei ihrer täglichen Arbeit unterstützen.
Planungstool – Gebäudeplanung und Flächenanalyse
Das Planungstool ermöglicht eine präzise und schnelle Vorplanung von Bauprojekten. Gebäude können virtuell entfernt oder hinzugefügt werden, wobei automatisch wichtige Flächendaten wie Versiegelungsgrad und Bebauungsdichte berechnet werden. Dies vereinfacht städtebauliche Planungen erheblich und erhöht gleichzeitig deren Genauigkeit.
Ökologietool – Sonnenstandsanalysen und thermischer Komfort
Ein weiteres Feature des digitalen Zwillings ist das Ökologietool, mit dem Umweltanalysen, beispielsweise Sonnenstandsverläufe und thermischer Komfort in geplanten Bauprojekten, simuliert werden können. Diese Analysen ermöglichen eine nachhaltigere Stadtplanung, da ökologische Faktoren frühzeitig in der Planung berücksichtigt werden.
Gewerbeflächen-Monitoring – Visualisierung und Kataster
Das Gewerbeflächen-Tool visualisiert freie und belegte Flächen in Halle und bietet wichtige Detailinformationen wie Eigentumsverhältnisse und Verfügbarkeit. Durch eine anschauliche und interaktive Darstellung können Interessierte schnell geeignete Standorte finden und die Wirtschaftsförderung gezielt unterstützen.
Konzeption und Umsetzung
Vorgehensweise: Auswahl und Priorisierung der Anwendungsfälle
Die Auswahl der Anwendungsfälle für den digitalen Zwilling erfolgte durch eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Halle (Saale). In mehreren Workshops wurden gezielt Bedürfnisse und Anforderungen ermittelt. Anschließend wurden diese priorisiert, um sicherzustellen, dass die ausgewählten Lösungen den größten Nutzen und die höchste praktische Relevanz haben. Dabei wurden realistische Machbarkeit und langfristiger Mehrwert als zentrale Kriterien berücksichtigt.
Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern
Um die anspruchsvolle technische Umsetzung des digitalen Zwillings und der dazugehörigen Anwendungen effizient zu realisieren, arbeitet die Stadt Halle mit erfahrenen externen Partnern zusammen. Ein zentrales Beispiel hierfür ist das Berliner Unternehmen Fosu, das sich insbesondere auf innovative Stadtentwicklungslösungen spezialisiert hat. Fosu unterstützt die Stadtverwaltung bei der Konzeption, Entwicklung und Implementierung der einzelnen Tools und gewährleistet, dass diese exakt auf die Anforderungen der Verwaltung zugeschnitten sind.
Stand der Umsetzung und konkrete Ergebnisse
Bislang wurde ein Großteil der geplanten Anwendungen bereits erfolgreich umgesetzt. Die ersten Versionen des Planungstools, des Ökologietools und des Gewerbeflächen-Monitorings sind bereits in Betrieb. Die Resonanz der Nutzerinnen und Nutzer in der Verwaltung ist sehr positiv, was die Praxistauglichkeit und den Mehrwert der digitalen Lösungen unterstreicht. Weitere Optimierungen und Erweiterungen der Tools erfolgen kontinuierlich, um langfristig einen maximalen Nutzen zu erzielen.
Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
Komplexität von Verwaltungsprozessen und notwendigen Abstimmungen
Die Umsetzung des digitalen Zwillings erfordert intensive Abstimmungen innerhalb der Verwaltung, insbesondere aufgrund komplexer Verwaltungsprozesse und vielfältiger Zuständigkeiten. Diese Herausforderung erfordert ein hohes Maß an Koordination und Kommunikation, um eine effiziente und zügige Realisierung der Projekte sicherzustellen.
Bedeutung agiler Projektsteuerung
Die agile Projektsteuerung hat sich als entscheidender Erfolgsfaktor erwiesen. Aufgrund der Vielschichtigkeit und Dynamik des Smart-City-Projektes sind flexible Anpassungen und eine budgetäre Agilität notwendig. Dies erlaubt es, kurzfristig auf neu auftretende Anforderungen oder veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und die Projekte kontinuierlich zu optimieren.
Rolle engagierter Mitarbeitenden und unterstützender Führungskräfte
Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg liegt im Engagement und der Motivation der beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Bereitschaft zur Veränderung und zur aktiven Mitgestaltung digitaler Lösungen ist ein wichtiger Baustein für den erfolgreichen Fortschritt des Projektes. Zusätzlich sind unterstützende Führungskräfte, die Innovation fördern und vertrauensvolle Zusammenarbeit ermöglichen, unverzichtbar für nachhaltige Digitalisierungserfolge in der Verwaltung.
Zukunft und Verstetigung des Projektes
Projektlaufzeit und Verlängerung bis 2027
Ursprünglich auf eine Laufzeit bis 2026 angelegt, wurde das Smart-City-Projekt in Halle (Saale) kostenneutral um ein Jahr bis Ende 2027 verlängert. Diese Verlängerung gibt der Stadt die Möglichkeit, offene Aufgaben abzuschließen und sicherzustellen, dass alle geplanten Maßnahmen nachhaltig etabliert und genutzt werden können.
Strategie zur langfristigen Verstetigung nach Ende der Förderung
Damit die positiven Effekte des digitalen Zwillings langfristig wirken, entwickelt Halle bereits eine klare Strategie zur Verstetigung. Ziel ist es, bereits während der Förderphase die notwendigen Strukturen und Kompetenzen aufzubauen, um die entwickelten Tools nach Förderende eigenständig und wirtschaftlich tragfähig weiter betreiben zu können.
Finanzierung und Nutzenargumentation
Die dauerhafte Finanzierung und die Nutzenargumentation spielen eine entscheidende Rolle bei der Verstetigung. Aktuell werden klare Argumente erarbeitet, die aufzeigen, wie die digitale Lösung der Stadt langfristig Kosten einsparen, die Qualität der Verwaltung deutlich verbessern und somit nachhaltig zu einer positiven Haushaltsentwicklung beitragen kann. Dies umfasst insbesondere Effizienzsteigerungen, Fehlerreduzierung und Qualitätsverbesserungen in der Verwaltungsarbeit.
Ausblick: Gewerbeflächen-Tool als praktisches Angebot
Ein zentrales Ziel des Gewerbeflächen-Tools ist es, Halle (Saale) als Wirtschaftsstandort attraktiver zu gestalten, indem freie und belegte Flächen für potenzielle Unternehmer\:innen digital sichtbar und unkompliziert zugänglich gemacht werden. Durch eine interaktive Kartenansicht können Unternehmen künftig selbstständig Flächen analysieren, wichtige Detailinformationen abrufen und unkompliziert mit der städtischen Wirtschaftsförderung Kontakt aufnehmen.
Die digitale Sichtbarkeit dieser Flächen und die vereinfachte Kommunikation schaffen direkte Mehrwerte: Für Unternehmer\:innen verkürzt sich der Such- und Entscheidungsprozess erheblich, während die Stadt gleichzeitig ihre Attraktivität als Standort erhöht. Langfristig eröffnet das Tool somit großes Potenzial, neue Unternehmen anzuziehen und die regionale Wirtschaft nachhaltig zu stärken.
Fazit
Das Beispiel der Stadt Halle (Saale) zeigt, wie Digitalisierung eine Stadt sowohl wirtschaftlich als auch verwaltungstechnisch nachhaltig stärken kann. Digitale Tools wie der digitale Zwilling unterstützen die Verwaltung bei der effizienten Bearbeitung von Aufgaben und erhöhen gleichzeitig die Standortattraktivität der Kommune für Unternehmen.
Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg solcher Digitalisierungsprojekte ist jedoch der menschliche Faktor. Die Offenheit und Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter\:innen und Führungskräfte in der Verwaltung sind maßgeblich dafür verantwortlich, wie erfolgreich digitale Innovationen umgesetzt und angenommen werden.
Mit Blick auf die Zukunft besteht die Aufgabe darin, die entwickelten Smart-City-Anwendungen stetig weiterzuentwickeln und auf neue Herausforderungen anzupassen. Langfristig wird Halle (Saale) somit nicht nur kurzfristige Erfolge erzielen, sondern auch dauerhaft von einer strategischen und bedarfsorientierten Digitalisierung profitieren.
mensch.digital
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