KI und Ethik: Wie gestalten wir unsere digitale Zukunft?

Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit überall – in Schlagzeilen, in Unternehmen, sogar im Gerichtssaal und in der Arztpraxis. Doch während die einen KI als Hoffnungsträger und Innovationsmotor feiern, warnen andere vor Kontrollverlust und Risiken. Wie gehen wir mit dieser mächtigen Technologie verantwortungsvoll um?

Genau dieser Frage widmet sich die Interviewreihe „mensch.digital“, in der Martin Schmiedel, Vorstand der GFKD AG, regelmäßig mit spannenden Persönlichkeiten spricht, die die digitale Transformation in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen vorantreiben. In der neuesten Ausgabe begrüßt Martin Schmiedel die Philosophin und KI-Ethik-Expertin Dorothea Winter. Gemeinsam werfen sie einen erfrischend philosophischen und zugleich praxisnahen Blick auf Chancen, Herausforderungen und ethische Grenzen von KI.

Was hat Philosophie eigentlich mit KI zu tun?

Diese Frage hört Dorothea Winter oft. Dabei könnte der philosophische Blick auf Künstliche Intelligenz kaum relevanter sein - denn es geht um Fragen, die weit über die Technik hinausgehen.

Dorotheas Weg zur KI war ungewöhnlich: 2018 begegnete sie einer KI, die selbstständig Rembrandt-Gemälde nachmalte. Das hat sie erstaunt und neugierig gemacht. Kann KI kreativ sein? Kann sie das überhaupt? Und was bedeutet es für uns als Gesellschaft, wenn Maschinen Aufgaben übernehmen, die wir bisher nur Menschen zugetraut haben?

Aus dieser Begegnung entstand eine Leidenschaft, die Dorothea nicht mehr losließ. Sie begann, KI konsequent aus einer philosophischen Perspektive zu betrachten. Dabei steht für sie vor allem eines im Vordergrund: Künstliche Intelligenz darf nie zum Selbstzweck werden, sondern sollte immer einen klaren gesellschaftlichen Mehrwert bieten.

Dieser Gedanke begleitet Dorothea bis heute. Für sie geht es nicht nur darum, Technologien zu verstehen und anzuwenden - sondern bewusst zu entscheiden, wo und wie wir KI einsetzen wollen. Denn Technologie ist nie neutral. Sie wirft immer auch ethische Fragen auf, denen wir uns stellen müssen, wenn wir unsere digitale Zukunft verantwortungsvoll gestalten wollen.

KI ist kein Selbstzweck – Was wollen wir wirklich erreichen?

Derzeit scheint Künstliche Intelligenz überall präsent zu sein. Fast jedes Projekt erhält mehr Aufmerksamkeit oder Fördergelder, wenn „KI“ draufsteht. Doch ist das wirklich sinnvoll, oder wird KI damit zum bloßen Buzzword, das als vermeintliches Allheilmittel vermarktet wird? Dorothea Winter hinterfragt im Gespräch kritisch diese Tendenz: „KI ist kein Selbstzweck“, sagt sie klar und deutlich. Sie fordert, dass wir uns vor dem Einsatz von KI-Systemen zunächst fragen sollten: Was wollen wir eigentlich erreichen?

Die entscheidenden Fragen sind aus Winters Sicht daher: Wo hilft uns KI tatsächlich? Wo macht sie unser Leben einfacher, Prozesse schneller oder effizienter? Und vor allem: Wo sollten wir bewusst auf ihren Einsatz verzichten?

Als konkretes Beispiel für einen kritischen Einsatzbereich nennt Winter die Justiz: KI-Systeme, die Gerichtsurteile fällen, scheinen auf den ersten Blick verlockend effizient. Doch darf künstliche Intelligenz die Verantwortung für Urteile übernehmen, die das Leben von Menschen grundlegend verändern können? „KI darf unterstützen und vorbereiten, aber die endgültige Entscheidung und Verantwortung müssen immer beim Menschen bleiben“, mahnt Winter.

Anders sieht es dagegen in der Medizin aus, etwa bei der Hautkrebs-Früherkennung. Hier können KI-gestützte Diagnosetools echte Leben retten, da sie präziser und schneller Auffälligkeiten erkennen als das menschliche Auge allein. In solchen Situationen könnte es sogar fahrlässig sein, auf den Einsatz von KI zu verzichten.

Die klare Botschaft des Gesprächs: KI ist mächtig und hilfreich, aber niemals ein Selbstzweck. Um ihre Potenziale wirklich auszuschöpfen, müssen wir lernen, bewusst zwischen Nutzen und Risiko abzuwägen.

German Angst – Warum haben wir in Deutschland so viel Skepsis gegenüber KI?

Während in anderen Ländern KI-Innovationen euphorisch gefeiert werden, überwiegen in Deutschland oft Skepsis und Vorsicht. Doch woher kommt diese typisch deutsche Zurückhaltung gegenüber Technologien – und wie können wir sie überwinden?

Die „German Angst“: Warum fürchten wir uns so sehr vor Technologie?

Dorothea Winter erklärt im Gespräch, dass diese „German Angst“ keineswegs ein Mythos, sondern empirisch belegbar sei. Historisch und kulturell geprägt, sind wir Deutschen besonders vorsichtig bei technologischen Entwicklungen, da wir Risiken stärker gewichten als Chancen. Das führt oft dazu, dass wir Innovationen zunächst mit Misstrauen begegnen – insbesondere bei sensiblen Themen wie Künstlicher Intelligenz oder Datenschutz.

Digitale Kompetenzen: Wo steht Deutschland wirklich?

Ein wesentlicher Faktor für diese Zurückhaltung ist der vergleichsweise geringe digitale Bildungsgrad in Deutschland. Studien, etwa von der Initiative D21, zeigen deutlich: Deutschland hat im Bereich digitaler Kompetenzen erheblichen Nachholbedarf. Besonders junge Menschen werden oft eher zu passiven Konsumenten digitaler Angebote erzogen, statt zu verstehen, wie Technologie und KI-Systeme wirklich funktionieren. Genau hier sieht Dorothea Winter großen Handlungsbedarf.

Bildung und Verständnis als Schlüssel gegen Ängste

Dorothea Winter plädiert daher dringend für einen Wandel in der Bildung: „Es geht nicht darum, jedem Schüler einfach ein iPad zu geben, sondern darum, zu verstehen, was sich dahinter verbirgt.“ Ihre Empfehlung ist klar: Digitale Bildung sollte sich nicht nur auf bloße Anwendung beschränken, sondern vielmehr auch kritisches Hinterfragen und ein grundlegendes Verständnis von Technologien fördern. Nur so kann aus der typisch deutschen Skepsis eine fundierte, verantwortungsvolle Haltung gegenüber KI entstehen.

Digitalisierung und KI in Verwaltung und Kommunen – unterschätzte Potenziale?

Digitale Innovation und Verwaltung – das klingt auf den ersten Blick nicht unbedingt nach einer spannenden Kombination. Doch das täuscht gewaltig, wie Dorothea Winter im Gespräch deutlich macht. Gerade in Kommunen schlummern enorme Potenziale für den Einsatz von KI und digitalen Technologien, die unser Leben deutlich verbessern könnten.

Verwaltung digital – überraschend spannend und wirkungsvoll

Ob es um schlankere Prozesse, effizientere Bürgerkommunikation oder schnellere Bearbeitung von Anliegen geht: Die Möglichkeiten, die Künstliche Intelligenz bietet, werden bislang noch viel zu wenig genutzt. Dorothea Winter betont, dass KI gerade hier als hilfreiches Werkzeug dienen könnte, um Verwaltungsprozesse erheblich zu vereinfachen und Bürger:innen deutlich spürbare Vorteile zu bieten.

Bürgerbeteiligung digital gedacht – das Hamburger Modell

Ein spannendes Praxisbeispiel bietet die digitale Bürgerbeteiligung in Hamburg. Statt wenig besuchter analoger Veranstaltungen ermöglichen dort digitale Plattformen, dass sich deutlich mehr Menschen an Entscheidungsprozessen beteiligen. Bürger:innen können online Vorschläge einbringen und transparent nachvollziehen, was damit passiert. Ein Modell, das Schule machen könnte und gleichzeitig zeigt, dass Digitalisierung die Demokratie stärken kann.

Smart City konkret: Wenn KI beim Bäumegießen hilft

Ein besonders charmantes Beispiel digitaler Bürgerbeteiligung kommt aus Berlin: Dort unterstützte eine KI-basierte App die Bewohner:innen dabei, Stadtbäume vor Trockenheit zu schützen. Die App zeigte an, welche Bäume Wasser brauchten, und brachte dabei spielerisch und effizient Nachbarschaften zusammen. Solche innovativen und praktischen Ansätze sind nur der Anfang: Smart Cities, intelligente Verkehrssteuerung oder digitale Zwillinge von Quartieren bieten ein großes Potenzial, um unsere Städte lebenswerter zu gestalten.

Demokratische Verantwortung – zwischen KI-Förderung und -Regulierung

Mit dem Fortschritt der Künstlichen Intelligenz wächst zugleich unsere Verantwortung. Dorothea Winter warnt: Der Einsatz von KI ist niemals neutral. Technologie kann Freiheit fördern, aber ebenso zu einem Instrument von Überwachung und Manipulation werden. Wie schaffen wir es also, KI demokratisch und verantwortungsvoll einzusetzen?

Demokratische Kontrolle und ethische Verantwortung

Dorothea Winter sieht Staaten und Gesellschaften gleichermaßen in der Pflicht, KI nicht nur zu fördern, sondern ihren Einsatz auch klar zu regulieren. Europa hat mit der DSGVO bereits Schritte getan, doch reicht das aus? Winter fordert, dass Bürger:innen und Entscheidungsträger:innen gemeinsam aktiv werden müssen: KI darf nicht nur konsumiert, sondern muss aktiv gestaltet und kritisch hinterfragt werden.

Warum wir KI aktiv gestalten müssen – und nicht nur konsumieren dürfen

Um einen demokratischen Einsatz von KI sicherzustellen, müssen wir als Gesellschaft lernen, hinter die Kulissen zu schauen. Dorothea Winter appelliert eindringlich: „Wir dürfen nicht einfach KI nutzen, sondern wir müssen sie verstehen, mitbestimmen und mitgestalten.“ Nur so lässt sich verhindern, dass KI in die falschen Hände gerät – sei es privatwirtschaftlich oder politisch.

Risiken im internationalen Vergleich: USA, China und die Lehren für uns

Ein Blick auf die internationale Bühne zeigt, wie dringend notwendig diese aktive Gestaltung ist. Während Europa versucht, KI klar zu regulieren, gehen die USA oft andere Wege. Und in China sehen wir bereits, wie Technologien zur massenhaften Kontrolle eingesetzt werden können. Diese Entwicklungen sollten uns als Mahnung dienen, sagt Dorothea Winter: Denn Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Wert, den wir mit jeder technologischen Entscheidung aktiv verteidigen müssen.

Verantwortung übernehmen und KI bewusst gestalten

Im Gespräch mit Martin Schmiedel macht Philosophin Dorothea Winter klar: Künstliche Intelligenz birgt enormes Potenzial – aber es liegt an uns, dieses Potenzial verantwortungsvoll und aktiv zu gestalten. Winters Appell richtet sich an uns alle: Wir dürfen KI nicht einfach passiv konsumieren, sondern müssen die Technologien verstehen, kritisch hinterfragen und aktiv mitgestalten.

Gerade jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um persönliche Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam sicherzustellen, dass KI dem Wohl der Gesellschaft dient. Denn nur wenn wir ethische Fragen ernst nehmen und die gesellschaftlichen Folgen reflektieren, können wir KI sinnvoll einsetzen und gleichzeitig Risiken minimieren. Dorothea Winter betont eindrücklicher denn je: Technologie formt nicht nur unsere Zukunft – wir formen auch die Zukunft der Technologie!

Jetzt anschauen: Das vollständige Interview mit Dorothea Winter!

Neugierig geworden? Dann schau dir jetzt das vollständige Gespräch zwischen Martin Schmiedel und Dorothea Winter aus der Reihe „mensch.digital“ an! Erhalte wertvolle Einblicke in die Zukunft von KI, Ethik und digitaler Transformation – und entdecke, wie du selbst dazu beitragen kannst, unsere digitale Zukunft positiv zu gestalten.

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KI in der Verwaltung - Ethisch verantwortungsvolle KI

Martin Schmiedel im Gespräch mit Dorothea Winter von der Humanistischen Hochschule Berlin